Guenter Grass Suedliche Landschaft Large 1210x642 - Die Algraphie - Günter Grass oder grafische Techniken im Wandel
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Die Algraphie – Günter Grass oder grafische Techniken im Wandel

Wie die meisten kennen wahrscheinlich auch Sie den Unterschied zwischen Hoch- und Tiefdruck, deren berühmteste Vertreter Holzschnitte und Radierungen sind. Darüber hinaus existiert das Verfahren des Flachdrucks, zu dem neben dem Steindruck (Lithografie) auch die weniger bekannte Alu- oder Algraphie gehört.

Handlich und wiederverwendbar

Guenter Grass Blumenstrauss 300x219 - Die Algraphie - Günter Grass oder grafische Techniken im Wandel
Günter Grass „Blumenstrauß“, Algraphie, limitiert und handsigniert, 45 x 35 cm

Das Wort beinhaltet die allgemeine bzw. chemische Kurzform für Aluminium (Alu bzw. Al) und den griechischen Begriff „graphein“ für die Tätigkeit des Schreibens oder Zeichnens. Damit suggeriert es, dass die Künstler ihre Werke direkt auf Leichtmetall-Platten übertragen und diese dann als Druckstock benutzen – was aus historischer Sicht auch stimmt, denn ursprünglich war Algraphie die buchstäbliche Light-Version des Steindrucks.

Um den hierfür verwendeten mühsam geschliffenem Kalkstein adäquat ersetzen zu können, experimentierte Lithographie-Erfinder Alois Senefelder mit verschiedenen Materialien. Dabei erwiesen sich Zink und Aluminium als besonders geeignete Alternativen, denn sie waren leicht zu transportieren und ermöglichten es, eventuelle Fehler auf einfache Weise zu korrigieren. Dementsprechend fertigten viele Künstler statt aufwändiger Steindrucke vermehrt Zinko- oder Alugraphien an.

Algraphie im Wandel

Guenter Grass An der Kueste 300x237 - Die Algraphie - Günter Grass oder grafische Techniken im Wandel
Günter Grass „“An der Küste“, Algraphie, limitiert und handsigniert, 55 x 70 cm

Im nächsten Schritt verfassten sie ihre Zeichnungen auf Transparent-Papier und lichteten die Werke anschließend auf die Metall-Platten ab. Durch diesen Zwischenschritt konnten die Künstler seitenrichtig arbeiten und im Bedarfsfall mehrere Einzelblätter übereinander legen. Als diesbezüglicher Meister seines Fachs galt Hans Ticha, der für eine einzige Illustration bis zu 50 Druckvorlagen verwendete bzw. verwenden ließ.

Ab den 1960-er Jahren setzten sich Folien durch, so dass das Übertragen vom Papier auf’s Metall entfiel – und die Algraphie ihren Namengeber verlor. Heutige Schöpfer gehen sogar noch weiter und zeichnen mittels Grafikstift am Rechner, der das zu druckende Bild codiert und mit High-Tec auch Zwischentöne abseits des Vierfarb-Schemas trifft.

Berühmte Algraphen

Guenter Grass Baumlandschaft im Winter 300x219 - Die Algraphie - Günter Grass oder grafische Techniken im Wandel
Günter Grass „Baumlandschaft im Winter“, Algraphie, limitiert und handsigniert, 54 x 74 cm

Die Liste derer, die statt Steinplatten Metall benutzten, um ihre Werke abzubilden, ist lang. Sie reicht von Senefelder selbst über Paul Gaugin bis zum Patent-Inhaber Karl Scholz, dem das „königliche Privilegium“ auf Algraphie-Drucke 1892 erteilt wurde. Weitere namhafte Anwender des Verfahrens waren die von V.O. Stomps gegründete „Eremiten Presse“ und die in Österreich ansässige „Edition Thurnhoff“. Unter zeitgenössischen Künstler/-innen finden sich Namen wie Horst Eschwege, Volker Pfüller, Werner Klemke, Tomi Ungerer, Franziska Neubert und Günter Grass.

Titelmotiv: Günter Grass „Südliche Landschaft“, Algraphie, limitiert und signiert, 36 x 48,5 cm.